Hintergrund und Ziele
Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung und besonders herausforderndem Verhalten haben oft bereits mehrere Betreuungs- und Hilfsangebote durchlaufen. Viele von ihnen mussten mehrfach die Einrichtung wechseln – meist aufgrund von Zwischenfällen mit aggressivem und fremd- oder selbstgefährdendem Verhalten. Für diese jungen Menschen ist es zunehmend schwierig, bedarfsgerechte Unterbringungs- und Betreuungsmöglichkeiten zu finden. Dabei sind die häufigen Einrichtungswechsel für alle Beteiligten sehr belastend.
Die Landschaftsverbände wollen die relevanten Rahmenbedingungen und Lösungen für die Schaffung bedarfsgerechter Angebote analysieren. Dazu soll die AG Empfehlungen entwickeln und dabei auch in den Blick nehmen, wie Gewaltprävention verbessert werden kann. Die AG will ganz unterschiedliche Bereiche betrachten: von der baulichen Gestaltung von Wohneinrichtungen und Anforderungen an die fachliche Arbeit bis hin zu regionalen Kooperationsstrukturen.
Die beratende AG stellt sich vor
Ein Anliegen der Landschaftsverbände ist ein ganzheitlicher Ansatz innerhalb der AG, der alle relevanten Bereiche einschließt. Deshalb sind Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachgebieten Teil der Arbeitsgemeinschaft.
Teil der AG sind Vertreterinnen und Vertreter der:
- Landschaftsverbände Westfalen-Lippe und Rheinland
- Wissenschaft
- Kinder- und Jugendpsychiatrie
- Justiz
- Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW
- Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW
- Kommunale Spitzenverbände
- Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege
- Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe NRW e.V.
Bisherige AG-Sitzungen
Eindrücke aus den AG-Sitzungen:
Auftaktsitzung am 19. April 2024
Die Auftaktsitzung fand am 19. April 2024 im LWL-Landeshaus in Münster statt.
Frau Prof. Dr. Schäper (katho) führte mit einem Impuls aus der Wissenschaft in die komplexe Thematik der Arbeitsgruppe ein. Die eingebrachten Studienergebnisse wurden von den Anwesenden diskutiert. Ein besonderer Fokus lag auf der unzureichenden Versorgungssituation mit Blick auf ambulante psychotherapeutische Unterstützungssysteme für Kinder und Jugendliche mit kognitiven Einschränkungen sowie auf dem Einsatz sog. freiheitsentziehender Maßnahmen. Einigung bestand in der Wahrnehmung, dass zur Bedarfsdeckung mehr (fakultativ) geschlossene Einrichtungen mit spezialisierten Konzepten benötigt werden. Auch die Rolle von Schulen wurde von den Teilnehmenden diskutiert. Es wurde kritisch herausgestellt, dass es bei dem benannten Personenkreis in nicht selten zu eingeschränkter Beschulung bis hin zum Aussetzen der Schulpflicht kommt.
Zum Abschluss der konstituierenden Sitzung verständigte sich die Arbeitsgruppe auf folgende Arbeitsthemen für die weitere Zusammenarbeit:
- Darstellen der Versorgungssituation, bedarfsdeckende Unterstützung in Einrichtungen über Tag und Nacht, der besondere Fokus soll auf Beispielen guter Praxis liegen (Fachkonzept, Qualifikation der Mitarbeitenden, Raumkonzept etc.)
- Versorgungsstrukturen im ambulanten Bereich, Möglichkeiten der Prävention
- Rechtliche Aspekte (u.a. FEM)
- Kooperation Eingliederungshilfe und Psychiatrie
- Kooperation Eingliederungshilfe und Schule
- Kooperation Eingliederungshilfe und Kinder- und Jugendhilfe
2. Sitzung zum Thema "Bedarfsdeckende Unterstützung in Einrichtungen über Tag und Nacht"
Die zweite Sitzung fand am 28. Juni 2024 in Köln statt.
Zu Beginn der Sitzung stellten Frau Dr. Michael (LWL-Dezernat Jugend und Schule, Referat Soziale Teilhabe für Kinder und Jugendliche) und Herr Gietl (LVR-Dezernat Soziales) die qualitativen Aspekte der Versorgungssituation von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung und sog. herausfordernden Verhaltensweisen in Einrichtungen über Tag und Nacht in NRW aus Sicht der Landschaftsverbände vor.
Der Fokus der Sitzung lag auf der Vorstellung von Beispielen guter Praxis. So stellten Herr Blankenagel, Herr Pennartz und Frau Schilling vom Vinzenz-Heim Aachen die aus ihrer Sicht wichtigsten Gelingensbedingungen für die intensiv assistierten Angebote vor. Analog dazu erfolgt im Anschluss eine Präsentation von Herr Straeten und Herrn Merkel zu den Wohngruppen InGa und InGa Plus der Hephata Kinder- und Jugendhilfe Mettmann.
In Kleingruppen wurden im Anschluss an die Präsentationen die Erfolgsfaktoren aus fachlicher Sicht zusammengetragen. Ziel ist es, diese in die zu entwickelnden Empfehlungen einfließen zu lassen.
3. Sitzung zum Thema "Ambulante Hilfen"
Die dritte Sitzung fand am 26. November 2024 im LWL-Landeshaus in Münster statt.
Zu Beginn der dritten Sitzung lag der Fokus zunächst auf der Festlegung der weiteren Arbeitsweise der Beratenden AG. Ziel der AG ist es, Empfehlungen zur bedarfsgerechten Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit herausforderndem Verhalten und einer Behinderung zu erarbeiten. Dabei werden die jeweils aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt. Die AG hat die Einrichtung von Unterarbeitsgruppen zu folgenden Themen beschlossen:
- Fachliche Aspekte für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit herausforderndem Verhalten in Wohneinrichtungen der Eingliederungshilfe
- Ambulante Hilfen
- Rechtliche Aspekte
- Kooperation Eingliederungshilfe und Psychiatrie
- Kooperation Eingliederungshilfe und Jugendhilfe
- Kooperation Eingliederungshilfe und Schule
Die Federführung der Unterarbeitsgruppen liegt bei den Landschaftsverbänden. Die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen werden im Plenum der beratenden AG vorgestellt und dort verabschiedet.
Im Rahmen der Sitzung wurde in das Schwerpunktthema „Ambulante Hilfen“ von Frau Dr. Michael eingeführt (Präsentation: Einführung in das Schwerpunktthema "Ambulante Hilfen", pdf). Sie präsentierte relevante Forschungsergebnisse, die unter anderem darauf hinweisen, dass die Anzahl benötigter Plätze in Wohneinrichtungen für Kinder und Jugendliche mit geistigen und/oder körperlichen Behinderungen von der Verfügbarkeit und Qualität familienunterstützender und schulischer Angebote abhängt. In der anschließenden Diskussion über die Qualität dieser Angebote kam die Frage auf, inwieweit niederschwellige, ambulante Leistungen und Versorgungsstrukturen dazu beitragen können, herausfordernde Verhaltensweisen zu vermeiden oder abzumildern.
In Kleingruppen wurden erste Ideen für gelingende niederschwellige, ambulante Versorgungsstrukturen erarbeitet. Diese Ergebnisse werden nun von der neu eingerichteten Unterarbeitsgruppe „Ambulante Hilfen“ weiterbearbeitet, um darauf basierend konkrete Handlungsempfehlungen zu formulieren.